Essay von Siegfried Richter
Wurzeln und Methoden des russischen Nationalismus und Imperialismus/Ukraine-Konflikt/"System Putin"/Deutsche Reaktionen
Wurzeln und Methoden des russischen Nationalismus und Imperialismus
Seit Monaten tobt sich der russische Nationalismus und Imperialismus gegenüber der Ukraine aus, um moralisch illegitimen und rechtlich wie historisch unhaltbaren "Ansprüchen" zu genügen und sie mit Nötigung und Gewalt durchzusetzen. Dieses von großrussischer Ideologie getragene Machtgebaren entspringt den Traditionen russischer und sowjetischer Außenpolitik seit Jahrhunderten und setzt anstelle des Völkerrechtes auf territoriale Expansion und Einflusssphären im Sinne des "Rechtes des Stärkeren". Man nimmt sich, was man braucht. Mittel dieser Politik sind die Schaffung und Ausnutzung politisch-ökonomischer Abhängigkeiten (Energieressourcen als Mittel der Erpressung) sowie eine militaristische Einschüchterungs- und Bedrohungsstrategie, die in eine bald latent und bald offen hervortretende Kriegspolitik münden kann. Wer sich diesen "Interessen" unterwirft, wird belohnt. Wer sich verweigert, wird bestraft. Begleitet wird diese Vorgehensweise von einer breit angelegten Propaganda nach innen wie nach außen, die der "Legitimation" dienen soll. Gegenüber der eigenen Bevölkerung bzw. den russischen Minderheiten in Nachbarstaaten wird die Wiederherstellung "alter Größe" heraufbeschworen, die ohne ethische Fundierung (Verweis auf Demokratie, Menschenrechte oder Rechtsstaatlichkeit) vorgenommen werden soll und sich wie selbstverständlich aus sich heraus legitimiere. Diese rein machtpolitischem und ethnischem Denken verhaftete Perspektive nutzt den Rahmen einer auch über die Grenzen des heutigen Russland hinausreichenden "russischen Volksgemeinschaft" als Bezugspunkt, setzt daher den Vorwurf angeblicher Unterdrückung russischer Minderheiten in den Nachbarstaaten (Prinzip der "fünften Kolonne" als taktische Variante) systematisch ein und schreckt keinesfalls davor zurück, jede Form von nicht vorgenommener Unterordnung oder Widerstand anderer Völker und Staaten als "unfreundlichen Akt" zu verstehen und sogar mit dem durch nichts zu rechtfertigenden Vorwurf des "Faschismus" zu belegen. Letzteres mutet umso absurder an, als dass die so diffamierten Menschen und ihre Länder im Gegensatz zu Russland in aller Regel im Sinne gesamteuropäischer und westlicher Ideale einer demokratisch-freiheitlich-rechtsstaatlichen Perspektive entweder schon verhaftet sind oder in diese Richtung gehen wollen. Die Instrumentalisierung des Begriffs "Faschismus" folgt alten Mustern sowjetischer Prägung und stellt eine eklatante Beleidigung von Humanisten wie auch aller Opfer des wirklichen Faschismus und insbesondere auch der russischen Opfer des deutschen Nationalsozialismus im Zweiten Weltkrieg dar. Von den Staaten der EU bzw. der Nato wird wiederum erwartet, dass diese Definition und Manifestierung "russischer Interessen" akzeptiert wird. Das zynische Motto lautet: Russland ist durch die Einverleibung ganzer Völker und Regionen Im Osten groß geworden, hat zu Zeiten des Sowjetkommunismus sein Prinzip der territorialen Expansion durch die Schaffung von Satellitenstaaten ("Warschauer Pakt") bis in den mittelosteuropäischen Raum "verfeinert" und daher heute das Recht, diese Maxime weiterhin zum Maßstab seiner Außenpolitik zu machen. Dies mutet im sich vereinigenden Europa im 21. Jahrhundert nachgerade anachronistisch an und berührt neben der Unabhängigkeit und den Freiheitsrechten der Völker und Staaten in unmittelbarer oder mittelbarer Nachbarschaft, die von Russland immer noch als "geostrategischer Hinterhof" wie zu Zeiten des Zarenreiches oder der Sowjetunion gesehen werden, das Selbstverständnis des ganzen Europa.
Wurzeln und Methoden des russischen Nationalismus und Imperialismus/Ukraine-Konflikt/"System Putin"/Deutsche Reaktionen
Wurzeln und Methoden des russischen Nationalismus und Imperialismus
Seit Monaten tobt sich der russische Nationalismus und Imperialismus gegenüber der Ukraine aus, um moralisch illegitimen und rechtlich wie historisch unhaltbaren "Ansprüchen" zu genügen und sie mit Nötigung und Gewalt durchzusetzen. Dieses von großrussischer Ideologie getragene Machtgebaren entspringt den Traditionen russischer und sowjetischer Außenpolitik seit Jahrhunderten und setzt anstelle des Völkerrechtes auf territoriale Expansion und Einflusssphären im Sinne des "Rechtes des Stärkeren". Man nimmt sich, was man braucht. Mittel dieser Politik sind die Schaffung und Ausnutzung politisch-ökonomischer Abhängigkeiten (Energieressourcen als Mittel der Erpressung) sowie eine militaristische Einschüchterungs- und Bedrohungsstrategie, die in eine bald latent und bald offen hervortretende Kriegspolitik münden kann. Wer sich diesen "Interessen" unterwirft, wird belohnt. Wer sich verweigert, wird bestraft. Begleitet wird diese Vorgehensweise von einer breit angelegten Propaganda nach innen wie nach außen, die der "Legitimation" dienen soll. Gegenüber der eigenen Bevölkerung bzw. den russischen Minderheiten in Nachbarstaaten wird die Wiederherstellung "alter Größe" heraufbeschworen, die ohne ethische Fundierung (Verweis auf Demokratie, Menschenrechte oder Rechtsstaatlichkeit) vorgenommen werden soll und sich wie selbstverständlich aus sich heraus legitimiere. Diese rein machtpolitischem und ethnischem Denken verhaftete Perspektive nutzt den Rahmen einer auch über die Grenzen des heutigen Russland hinausreichenden "russischen Volksgemeinschaft" als Bezugspunkt, setzt daher den Vorwurf angeblicher Unterdrückung russischer Minderheiten in den Nachbarstaaten (Prinzip der "fünften Kolonne" als taktische Variante) systematisch ein und schreckt keinesfalls davor zurück, jede Form von nicht vorgenommener Unterordnung oder Widerstand anderer Völker und Staaten als "unfreundlichen Akt" zu verstehen und sogar mit dem durch nichts zu rechtfertigenden Vorwurf des "Faschismus" zu belegen. Letzteres mutet umso absurder an, als dass die so diffamierten Menschen und ihre Länder im Gegensatz zu Russland in aller Regel im Sinne gesamteuropäischer und westlicher Ideale einer demokratisch-freiheitlich-rechtsstaatlichen Perspektive entweder schon verhaftet sind oder in diese Richtung gehen wollen. Die Instrumentalisierung des Begriffs "Faschismus" folgt alten Mustern sowjetischer Prägung und stellt eine eklatante Beleidigung von Humanisten wie auch aller Opfer des wirklichen Faschismus und insbesondere auch der russischen Opfer des deutschen Nationalsozialismus im Zweiten Weltkrieg dar. Von den Staaten der EU bzw. der Nato wird wiederum erwartet, dass diese Definition und Manifestierung "russischer Interessen" akzeptiert wird. Das zynische Motto lautet: Russland ist durch die Einverleibung ganzer Völker und Regionen Im Osten groß geworden, hat zu Zeiten des Sowjetkommunismus sein Prinzip der territorialen Expansion durch die Schaffung von Satellitenstaaten ("Warschauer Pakt") bis in den mittelosteuropäischen Raum "verfeinert" und daher heute das Recht, diese Maxime weiterhin zum Maßstab seiner Außenpolitik zu machen. Dies mutet im sich vereinigenden Europa im 21. Jahrhundert nachgerade anachronistisch an und berührt neben der Unabhängigkeit und den Freiheitsrechten der Völker und Staaten in unmittelbarer oder mittelbarer Nachbarschaft, die von Russland immer noch als "geostrategischer Hinterhof" wie zu Zeiten des Zarenreiches oder der Sowjetunion gesehen werden, das Selbstverständnis des ganzen Europa.
Ukraine-Konflikt
Konkrete Ausformungen dieser Dimension waren in den letzten Jahren unter anderem die widerrechtliche Besetzung von Teilen Georgiens und Moldawiens durch das russische Militär bzw. die Gründung international nicht anerkannter "Republiken" russischer Minderheiten auf diesem Gebiet. Die vor Monaten als Reaktion auf die insbesondere westukrainische Freiheitsbewegung, die im Sinne nationaler Unabhängigkeit und westlicher Werte zum Sturz des prorussischen "Marionettenregimes" von Präsident Janukowitsch und zum Sieg der auf dem Kiewer Maidan demonstrierenden Revolutionäre führte, vorgenommene völkerrechtswidrige und mit Methoden der Manipulation, Propaganda und indirekten und direkten Militärintervention durchgeführte Annexion der Halbinsel Krim ("Landraub" als Wiederbelebung archaischer Außenpolitik bzw. des klassischen Imperialismus) bedeutete eine Eskalation. Diese Entwicklung wurde um die vorhersehbare direkte Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Ukraine in Fortsetzung entsprechender Traditionen erweitert, die mittlerweile eine offene kriegerische Auseinandersetzung zwischen der nach Westen strebenden Ukraine und seinen in demokratischen Wahlen legitimierten Staatsvertretern und Russland auf ostukrainischem Territorium bedeutet. Das Drehbuch folgt bewährten Mustern: Instrumentalisierung prorussischer bzw. russischer Minderheiten, Einschüchterung der Bevölkerung, Propaganda und Erpressung der Ukraine (Gasversorgung bzw. Preispolitik), Anzettelung von "Bürgerkriegen", Ausstattung von Schlägerbanden und Kriminellen (Besetzung von öffentlichen Gebäuden, Errichtung illegaler "Republiken", Entführung, Folter, Mord) mit zum Teil schwerem Gerät, unmittelbare Beteiligung russischer Spezialeinheiten an den Kampfhandlungen. Die ukrainischen Streitkräfte, dem Gesetz der Notwehr gegen einen aggressiven Überfall gehorchend, bekämpfen den Terrorismus bzw. die militärische Intervention zur Wiederherstellung des staatlichen Gewaltmonopols und der territorialen Integrität des Staates. Die auf eine Spaltung des Landes abzielenden Kräfte sind mehr und mehr in die Defensive geraten, werden aber nach wie vor von Russland politisch und militärisch massiv unterstützt und mindestens indirekt gesteuert. Die Anwesenheit massiver russischer Truppenverbände und abgehaltene Manöver nahe der Grenze lassen die Befürchtung eines Einmarsches und einer Annexion aufleben. Das Abschießen eines Zivilflugzeuges mit 300 Passagieren an Bord, mutmaßlich von prorussischen Terroristen mit Hilfe eines russischen Luftabwehrsystems ausgeführt, hat dem Konflikt und seiner Wahrnehmung noch einmal eine zusätzliche Komponente gegeben.
"System Putin"
"System Putin"
Diese Thematik kann nicht ohne den "Faktor Putin" verstanden werden, der sich als russischer Präsident gleichsam die oben beschriebenen Mechanismen, Methoden und den ideologischen Bezug russischer Politik zu eigen gemacht hat bzw. als ehemaliger KGB-Funktionär in diese Strukturen hineingewachsen ist und sie nahezu klassisch zu verkörpern scheint. Er hat den Untergang der Sowjetunion als "größte Katastrophe der russischen Geschichte im 20. Jahrhundert" bezeichnet. Seine ideologische Perspektive folgt gleichwohl nicht mehr den Grundsätzen des Kommunismus, sondern der in der russischen und sowjetischen Geschichte und "politischen Kultur" allgegenwärtigen Mischung aus expansionistisch-imperialistischer Außenpolitik und autoritär-diktatorisch-totalitärer Absicherung im Inneren. Die Faktoren "Macht" und "Interesse" werden mit einer Art "Neonationalismus" "legitimiert", der je nach Bedarf flexibel einsetzbar ist und in dem sich im Sinne neuer Größe und neuen Glanzes des Landes ein breites Spektrum innerhalb der Bevölkerung vom modernen Nationalismus bis zum reaktionären Bolschewismus und Stalinismus identifizieren kann. Die Selbstinszenierung Wladimir Putins als "starker Mann", der Russland seine "Ehre und Würde" wiedergibt, korrespondiert mit diesen Strömungen und Bewusstseinsebenen. Ökonomisch abgesichert durch die mit dem Zerfall der Sowjetunion angesichts nahezu "anarchischer Zustände" ohne rechtlich bindenden Rahmen zu unermesslichem Reichtum im Energiesektor (Öl, Gas) gekommenen Oligarchen, wirken hier politische und ökonomische Elite zusammen und bilden ein autorität-korruptes Regime. Es mutet wie eine Ironie des Schicksals an, dass diese Entmündigung der Bevölkerung im politischen Raum und die Ausbeutung der Ressourcen zugunsten einer kleinen Schicht durch die "nationalistische Karte" von einer übergroßen Mehrheit der Russen getragen, ja im Falle der Ukraine sogar auf Begeisterung trifft. Dieser "nationale Rausch" bedient nach dem Untergang der Sowjetunion und im Glauben an die eigene Größe einerseits einen weit verbreiteten "nationalen Minderwertigkeitskomplex", andererseits schürt er Überheblichkeit und Ablehnung einstiger "slawischer Brudervölker". Die Hetze gegen den Westen (insbesondere gegen die USA) und seine Werte, von gleichgeschalteten Medien betrieben und mit Propaganda bis hin zu absurdesten Lügen gesteigert (Errichtung von KZ's in Westukraine zur Vernichtung der Russen in der Ukraine) vollzieht sich neben den geopolitischen Ressentiments gegen Herausforderer und "Verursacher russischer Schwäche" auch auf der Ebene konkreter antiwestlicher Gesellschaftsvorstellungen, die über die Auffassungen der Elite hinausgehen. Die Bilanz ist eindeutig: Gleichgeschaltete Medien, Unterdrückung von Bürgerrechtlern und Oppositionellen, Brandmarkung von Andersdenkenden als "Verräter" und "Agenten", homophobe Gesetzgebung, zunehmend autoritäres Religionsverständnis zugunsten bestimmter orthodoxer Kreise usw. Dazu passt, dass Russland seit den 90er Jahren eine "menschenrechtspolitische Bankrotterklärung" nach der anderen abgibt. Wird heute der Massenmörder Assad in Syrien gestützt, so hat man in den 90er Jahren die versuchten und vollzogenen Völkermorde des serbischen Nationalisten Milosevic als Verbündeten im Sinne der historischen Freundschaft von Russen und Serben ("Panslawismus", Erster Weltkrieg) toleriert und die Beendigung der Völkermorde durch die Nato unter Führung der USA bis zuletzt zu hintertreiben versucht. Heute wird zusammen mit China im UN-Weltsicherheitsrat eine konsequente Blockade jedweder humanitären Intervention zugunsten der Menschenrechte vorgenommen. Während man in diesen Fällen das antiquierte "Prinzip der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten" bemüht, ist die aggressiv-destruktive Einmischung in die Ukraine zur Destabilisierung des Landes und zugunsten der "verfolgten Minderheiten" opportun. Die Hetze gegen die USA und die Nato, gegen EU und all die Völker und Länder, die den Weg "Richtung Westen" gehen wollen, hat Methode und findet im Inneren seine Entsprechung: "Russische Werte" werden als gegen den Westen gerichtet definiert und bilden den "gesellschaftlichen Kitt".
Deutsche Reaktionen
Und was machen wir in Deutschland angesichts dieser Herausforderung? Die Fakten sind bekannt. Man kann unseren Medien in den Nachrichtenformaten nicht den Vorwurf machen, über die Vorgänge nicht adäquat zu berichten. Gleichwohl gibt es auch hier Verzerrungen, so etwa die penetrant nahezu von allen Akteuren vorgenommene und nur als Verharmlosung von Terroristen zu wertende Bezeichnung von "Separatisten" oder "Aufständischen". In den Meinungsformaten wie Talkshows aber hat sich seit Monaten, und selbst noch nach den immer offensichtlicher werdenden Absichten und Handlungen der prorussischen Terrormilieus als "Handlanger" des Kreml, neben angemessenen Bewertungen eine Koalition aus "Russlandverstehern" wirkungsmächtig in Szene gesetzt. Alternde Berufsappeaser und Pseudopazifisten wie Egon Bahr oder Erhart Eppler, die noch jede Chance genutzt haben, um im Namen eines verlogenen "Friedens" USA und Nato unter lautem Applaus und hämischem Gejohle eines eigenartig zusammengesetzten Publikums (Russen, Anhänger der Linkspartei, naive Zeitgenossen, Antiamerikaner?) für einen jeweiligen Konflikt verantwortlich zu machen und einer Kapitulation des Westens und einem Verrat seiner Werte so unhistorisch wie naiv das Wort zu reden. Ehemalige Moskau-Korrespondenten, die scheinbar noch nicht verstanden haben, dass die Sowjetunion nicht mehr existiert und Staaten wie die Ukraine (von Nato-Mitgliedern wie Polen oder den baltischen Staaten ganz zu schweigen) keine Provinzen oder Satellitenstaaten Russlands mehr sind und als souveräne Staaten "Moskau" gegenüber weder rechenschaftspflichtig noch weisungsgebunden sind. Vertreter der Linkspartei, die offen Partei für den russischen Nationalismus und Imperialismus und damit auch für die ökonomische Ausbeutung des russischen Volkes durch die Oligarchenclique ergreifen, während sie gegenüber dem Westen jede noch so humanitär und im Sinne der westlichen Werte zu verstehende militärische Intervention zynisch und einem wirklichen Frieden abholde Vorwurfsorgie von unterstellten "Angriffskriegen" und "Völkerrechtsbrüchen" bei Beendigung von Völkermorden und Diktaturen inszenieren und dabei ihre antikapitalistischen Klischees im Sinne ihres materialistischen Weltbildes bedienen, wonach das Handeln ohnehin nur einen ökonomischen bzw. ressourcengeleiteten Hintergrund habe. Alte Reflexe und Loyalitäten wirken nach. Falsche "Friedensapostel" sind unter uns und ihnen wird selten widersprochen (Sara Wagenknecht, Gregor Gysi usw.) Während russischer Botschafter, und russische Journalisten ungehindert und offen Propaganda aus dem Kreml verbreiten können, fordern andere Interessenvertreter wie der ehemalige Ministerpräsident Matthias Platzeck, der heute Vorsitzender einer deutsch-russischen Lobbyvereinigung ist, mehr (noch mehr!) Einfühlungsvermögen für die russischen Befindlichkeiten und Interessen ein. Der ehemalige Kanzler Gerhart Schröder feiert Geburtstagsfeste mit seinem Duzfreund und "klassischem Demokraten" Putin, während mit der Ukraine ein weiterer kleiner (gar nicht so kleiner) Nachbar Russlands einem statuierten Exempel entgegensieht. Die Liste der prorussischen und erkennbar russophilen Protagonisten in unseren Medien ließe sich weiter fortsetzen. Und die Sendeleitungen finden scheinbar nichts dabei, aus deutschen Talkshows Foren der russischen Propaganda zu machen. Über die schreibende Zunft wäre auch zu reden. Und die Stoßrichtung ist klar: Schuldig sind USA und Nato (wie immer), weil sie angeblich die russischen Befindlichkeiten zu wenig berücksichtigt hätten. Auf die Idee, dass der Westen viel zu viele Zugeständnisse gemacht hat und das Putin geradezu "eingeladen" und bestätigt wurde für seinen Kurs, darauf kommen diese sich mit höchsten moralischen und intellektuellen Weihen schmückenden Relativierer humanistischer Werte natürlich nicht. Historische Lektionen werden nicht begriffen. Über die Befindlichkeiten der mittelost- und osteuropäischen Völker, die jahrhundertelang von Russland "vergewaltigt" und gedemütigt worden sind, ist kaum die Rede. Welche Arroganz, den Osten auf Russland zu reduzieren, Welche Arroganz von Deutschen dann auch noch, im Namen Europas für einen "Frieden" mit Russland und zugunsten wirtschaftlicher Argumente gegen Sanktionen zu polemisieren und über die Köpfe der betroffenen Länder hinweg zu reden. Anstatt es als Kompliment und Verpflichtung zu begreifen, dass Völker in Osteuropa, die auch einmal sehr unter dem deutschen Imperialismus (vom Nationalsozialismus ganz zu schweigen) gelitten haben, hoffnungsvoll gen Westen sehen und uns um Solidarität bitten. Diesen berechtigten Hoffnungen und dem Einklagen echter Solidarität schenkt man in nicht geringen Teilen der Bevölkerung, die sich lieber heraushält und das Prinzip der feigen Äquivalenz ("Was geht uns die Ukraine an? Kostet das nicht Geld? Russland hat das doch immer gemacht?) verkörpert, natürlich wenig Beachtung. Von links- und rechtsradikalen Milieus, die "Lunte gerochen haben" und sich in den "russischen Zug" setzen, einmal ganz abgesehen. Die zu kurz gekommenen und im Schatten der Geschichte stehenden Extremisten toben sich im Internet in absurdester und primitivster Weise gegen EU und insbesondere gegen Nato und USA aus, um ihr "Mütchen" zu kühlen. Ihnen sind die Freiheitsrechte mittelosteuropäischer Nationen ohnehin egal.
Man kann unserer Politik (Bundesregierung, maßgebliche Parteien) nicht vorwerfen, kein Problembewusstsein zu besitzen. Die Folgen des russischen Handelns für Völker- und Menschenrecht sowie für das europäische Selbstverständnis werden durchaus gesehen. Doch wie sieht die konkrete Politik zugunsten westlicher Werte aus, die Russland ein klares Signal geben könnte und jenseits zum Teil wohlfeiler Erklärungen und naiver Rhetorik zugunsten von Verhandlungen und Kompromissen ein entschiedenes "Nein" entgegenhält. Wo ist eine entschiedene Linie, die Russland diplomatisch, politisch und wirtschaftlich isoliert und somit mit Putin in der einzigen Sprache spricht, die er versteht? Oder glaubt jemand ernsthaft, der russische Präsident und seine "Propaganda- und Militärmaschine" ließe sich durch kleinere "Nadelstiche" wie Kontensperrungen und Visabeschränkungen für einige seiner Unterstützer beeindrucken? Man setzte monatelang auf "Sanktiönchen" und vermied vor allem allen Seiten und insbesondere den Russen wehtuende Wirtschaftssanktionen. Von einer Gipfelrunde zur nächsten. Die EU und der Westen insgesamt (selbst die Amerikaner oder Briten, die für ihren etwas schärferen Kurs noch kritisiert wurden) traten als "Papiertiger" auf. Deutschland bremste hierbei eher noch anstelle sein politisch-ökonomisches Gewicht entsprechend in die Waagschale zu werfen. Erst mit dem Abschuss der Passagiermaschine durch prorussische Terroristen scheint es partiell ein Umdenken zu geben. Mit beschlossenen Rüstungs-, Wirtschafts- und Finanzsanktionen, die annähernd den Namen verdienen, begegnet man der Herausforderung durch Russland. Dies hätte früher und konsequenter erfolgen mögen, um die Unterstützung für die Ukraine auf politischem und wirtschaftlichem Gebiet im Sinne der Einheit des Landes und seiner Westausrichtung zu ergänzen. Waren die EU-Parlamentarier aus Deutschland (etwa Elmar Brok von der CDU oder Werner Schulz und Rebecca Harms von den Grünen) in dieser Frage von Anfang an konsequent an menschen- und völkerrechtspolitischen Standards orientiert, haben quer durch die Parteien zu viele Politiker (Philipp Mißfelder von der CDU oder Gernot Erler von der SPD) einer Beschwichtigungspolitik das Wort geredet, die Putin ermuntert und ermutigt hat. Notwendig dagegen ist eine konsistente Haltung, die aus den Fehlern der Vergangenheit lernt: Die Anerkennung der Tatsache, dass die von Russland bedrohten Länder im Sinne des freien Willens ihrer Völker die Nato-Mitgliedschaft (siehe Polen, baltische Staaten usw.) als "Lebensversicherung" aus falscher Rücksichtnahme auf Russland nicht verwehrt werden darf. Hätte man Georgien und der Ukraine vor Jahren diesen Weg nicht versperrt, könnte Russland nicht in dieser Form vorgehen und die Lebensinteressen dieser Staaten und Völker negieren. In welchen Organisationen diese Länder sind, geht nur sie und die aufnehmenden Strukturen (EU, Nato) etwas an. Keinesfalls ein Russland, das auch noch diktatorisch-imperialistisch auftritt. Dass dazu auf absehbare Zeit der Mut fehlen dürfte, ist ebenso sicher wie die Tatsache, dass Russland selbst und sein Ansehen, leider auch sein großer Beitrag für die Kulturgeschichte, der größte Verlierer sein werden. Eines der sich jetzt vollziehenden Dramen ist, dass Russland mittlerweile selbst die Seelen und Köpfe seines in unmittelbarer Nachbarschaft beheimateten "slawischen Brudervolkes" in der Ukraine verloren hat. Wer will mit diesem Russland Putins noch wirklich etwas zu tun haben?
Deutsche Reaktionen
Und was machen wir in Deutschland angesichts dieser Herausforderung? Die Fakten sind bekannt. Man kann unseren Medien in den Nachrichtenformaten nicht den Vorwurf machen, über die Vorgänge nicht adäquat zu berichten. Gleichwohl gibt es auch hier Verzerrungen, so etwa die penetrant nahezu von allen Akteuren vorgenommene und nur als Verharmlosung von Terroristen zu wertende Bezeichnung von "Separatisten" oder "Aufständischen". In den Meinungsformaten wie Talkshows aber hat sich seit Monaten, und selbst noch nach den immer offensichtlicher werdenden Absichten und Handlungen der prorussischen Terrormilieus als "Handlanger" des Kreml, neben angemessenen Bewertungen eine Koalition aus "Russlandverstehern" wirkungsmächtig in Szene gesetzt. Alternde Berufsappeaser und Pseudopazifisten wie Egon Bahr oder Erhart Eppler, die noch jede Chance genutzt haben, um im Namen eines verlogenen "Friedens" USA und Nato unter lautem Applaus und hämischem Gejohle eines eigenartig zusammengesetzten Publikums (Russen, Anhänger der Linkspartei, naive Zeitgenossen, Antiamerikaner?) für einen jeweiligen Konflikt verantwortlich zu machen und einer Kapitulation des Westens und einem Verrat seiner Werte so unhistorisch wie naiv das Wort zu reden. Ehemalige Moskau-Korrespondenten, die scheinbar noch nicht verstanden haben, dass die Sowjetunion nicht mehr existiert und Staaten wie die Ukraine (von Nato-Mitgliedern wie Polen oder den baltischen Staaten ganz zu schweigen) keine Provinzen oder Satellitenstaaten Russlands mehr sind und als souveräne Staaten "Moskau" gegenüber weder rechenschaftspflichtig noch weisungsgebunden sind. Vertreter der Linkspartei, die offen Partei für den russischen Nationalismus und Imperialismus und damit auch für die ökonomische Ausbeutung des russischen Volkes durch die Oligarchenclique ergreifen, während sie gegenüber dem Westen jede noch so humanitär und im Sinne der westlichen Werte zu verstehende militärische Intervention zynisch und einem wirklichen Frieden abholde Vorwurfsorgie von unterstellten "Angriffskriegen" und "Völkerrechtsbrüchen" bei Beendigung von Völkermorden und Diktaturen inszenieren und dabei ihre antikapitalistischen Klischees im Sinne ihres materialistischen Weltbildes bedienen, wonach das Handeln ohnehin nur einen ökonomischen bzw. ressourcengeleiteten Hintergrund habe. Alte Reflexe und Loyalitäten wirken nach. Falsche "Friedensapostel" sind unter uns und ihnen wird selten widersprochen (Sara Wagenknecht, Gregor Gysi usw.) Während russischer Botschafter, und russische Journalisten ungehindert und offen Propaganda aus dem Kreml verbreiten können, fordern andere Interessenvertreter wie der ehemalige Ministerpräsident Matthias Platzeck, der heute Vorsitzender einer deutsch-russischen Lobbyvereinigung ist, mehr (noch mehr!) Einfühlungsvermögen für die russischen Befindlichkeiten und Interessen ein. Der ehemalige Kanzler Gerhart Schröder feiert Geburtstagsfeste mit seinem Duzfreund und "klassischem Demokraten" Putin, während mit der Ukraine ein weiterer kleiner (gar nicht so kleiner) Nachbar Russlands einem statuierten Exempel entgegensieht. Die Liste der prorussischen und erkennbar russophilen Protagonisten in unseren Medien ließe sich weiter fortsetzen. Und die Sendeleitungen finden scheinbar nichts dabei, aus deutschen Talkshows Foren der russischen Propaganda zu machen. Über die schreibende Zunft wäre auch zu reden. Und die Stoßrichtung ist klar: Schuldig sind USA und Nato (wie immer), weil sie angeblich die russischen Befindlichkeiten zu wenig berücksichtigt hätten. Auf die Idee, dass der Westen viel zu viele Zugeständnisse gemacht hat und das Putin geradezu "eingeladen" und bestätigt wurde für seinen Kurs, darauf kommen diese sich mit höchsten moralischen und intellektuellen Weihen schmückenden Relativierer humanistischer Werte natürlich nicht. Historische Lektionen werden nicht begriffen. Über die Befindlichkeiten der mittelost- und osteuropäischen Völker, die jahrhundertelang von Russland "vergewaltigt" und gedemütigt worden sind, ist kaum die Rede. Welche Arroganz, den Osten auf Russland zu reduzieren, Welche Arroganz von Deutschen dann auch noch, im Namen Europas für einen "Frieden" mit Russland und zugunsten wirtschaftlicher Argumente gegen Sanktionen zu polemisieren und über die Köpfe der betroffenen Länder hinweg zu reden. Anstatt es als Kompliment und Verpflichtung zu begreifen, dass Völker in Osteuropa, die auch einmal sehr unter dem deutschen Imperialismus (vom Nationalsozialismus ganz zu schweigen) gelitten haben, hoffnungsvoll gen Westen sehen und uns um Solidarität bitten. Diesen berechtigten Hoffnungen und dem Einklagen echter Solidarität schenkt man in nicht geringen Teilen der Bevölkerung, die sich lieber heraushält und das Prinzip der feigen Äquivalenz ("Was geht uns die Ukraine an? Kostet das nicht Geld? Russland hat das doch immer gemacht?) verkörpert, natürlich wenig Beachtung. Von links- und rechtsradikalen Milieus, die "Lunte gerochen haben" und sich in den "russischen Zug" setzen, einmal ganz abgesehen. Die zu kurz gekommenen und im Schatten der Geschichte stehenden Extremisten toben sich im Internet in absurdester und primitivster Weise gegen EU und insbesondere gegen Nato und USA aus, um ihr "Mütchen" zu kühlen. Ihnen sind die Freiheitsrechte mittelosteuropäischer Nationen ohnehin egal.
Man kann unserer Politik (Bundesregierung, maßgebliche Parteien) nicht vorwerfen, kein Problembewusstsein zu besitzen. Die Folgen des russischen Handelns für Völker- und Menschenrecht sowie für das europäische Selbstverständnis werden durchaus gesehen. Doch wie sieht die konkrete Politik zugunsten westlicher Werte aus, die Russland ein klares Signal geben könnte und jenseits zum Teil wohlfeiler Erklärungen und naiver Rhetorik zugunsten von Verhandlungen und Kompromissen ein entschiedenes "Nein" entgegenhält. Wo ist eine entschiedene Linie, die Russland diplomatisch, politisch und wirtschaftlich isoliert und somit mit Putin in der einzigen Sprache spricht, die er versteht? Oder glaubt jemand ernsthaft, der russische Präsident und seine "Propaganda- und Militärmaschine" ließe sich durch kleinere "Nadelstiche" wie Kontensperrungen und Visabeschränkungen für einige seiner Unterstützer beeindrucken? Man setzte monatelang auf "Sanktiönchen" und vermied vor allem allen Seiten und insbesondere den Russen wehtuende Wirtschaftssanktionen. Von einer Gipfelrunde zur nächsten. Die EU und der Westen insgesamt (selbst die Amerikaner oder Briten, die für ihren etwas schärferen Kurs noch kritisiert wurden) traten als "Papiertiger" auf. Deutschland bremste hierbei eher noch anstelle sein politisch-ökonomisches Gewicht entsprechend in die Waagschale zu werfen. Erst mit dem Abschuss der Passagiermaschine durch prorussische Terroristen scheint es partiell ein Umdenken zu geben. Mit beschlossenen Rüstungs-, Wirtschafts- und Finanzsanktionen, die annähernd den Namen verdienen, begegnet man der Herausforderung durch Russland. Dies hätte früher und konsequenter erfolgen mögen, um die Unterstützung für die Ukraine auf politischem und wirtschaftlichem Gebiet im Sinne der Einheit des Landes und seiner Westausrichtung zu ergänzen. Waren die EU-Parlamentarier aus Deutschland (etwa Elmar Brok von der CDU oder Werner Schulz und Rebecca Harms von den Grünen) in dieser Frage von Anfang an konsequent an menschen- und völkerrechtspolitischen Standards orientiert, haben quer durch die Parteien zu viele Politiker (Philipp Mißfelder von der CDU oder Gernot Erler von der SPD) einer Beschwichtigungspolitik das Wort geredet, die Putin ermuntert und ermutigt hat. Notwendig dagegen ist eine konsistente Haltung, die aus den Fehlern der Vergangenheit lernt: Die Anerkennung der Tatsache, dass die von Russland bedrohten Länder im Sinne des freien Willens ihrer Völker die Nato-Mitgliedschaft (siehe Polen, baltische Staaten usw.) als "Lebensversicherung" aus falscher Rücksichtnahme auf Russland nicht verwehrt werden darf. Hätte man Georgien und der Ukraine vor Jahren diesen Weg nicht versperrt, könnte Russland nicht in dieser Form vorgehen und die Lebensinteressen dieser Staaten und Völker negieren. In welchen Organisationen diese Länder sind, geht nur sie und die aufnehmenden Strukturen (EU, Nato) etwas an. Keinesfalls ein Russland, das auch noch diktatorisch-imperialistisch auftritt. Dass dazu auf absehbare Zeit der Mut fehlen dürfte, ist ebenso sicher wie die Tatsache, dass Russland selbst und sein Ansehen, leider auch sein großer Beitrag für die Kulturgeschichte, der größte Verlierer sein werden. Eines der sich jetzt vollziehenden Dramen ist, dass Russland mittlerweile selbst die Seelen und Köpfe seines in unmittelbarer Nachbarschaft beheimateten "slawischen Brudervolkes" in der Ukraine verloren hat. Wer will mit diesem Russland Putins noch wirklich etwas zu tun haben?
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